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Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlichte einen Forschungsbericht über die Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter in verschiedenen europäischen Ländern, darunter viele EU-Mitgliedsstaaten sowie Großbritannien, die Schweiz und Norwegen, im Zeitraum vom 4. Quartal 2022 bis zum 1. Quartal 2024.
Um die Gründe für die unterschiedlichen Beschäftigungsquoten ukrainischer Geflüchteter zu ergründen, analysiert dieser Bericht die Zusammenhänge zwischen den Beschäftigungsquoten und verschiedenen demografischen, institutionellen und wirtschaftlichen Faktoren. Den multivariaten Analysen zufolge bestehen zwischen den Beschäftigungsquoten ukrainischer Geflüchteter auf der einen und der demografischen Zusammensetzung der Neuankömmlinge sowie den institutionellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Zielländern auf der anderen Seite starke statistische Zusammenhänge. So verzeichnen Länder mit höherer Nachfrage nach gering qualifizierten Arbeitskräften höhere Beschäftigungsquoten.
Die soziale Infrastruktur spielt ebenfalls eine Rolle: Da die meisten ukrainischen Geflüchteten Frauen mit Kindern sind, hängt die Beschäftigungsquote der Geflüchteten in hohem Maße auch von der Verfügbarkeit einer Kinderbetreuung ab. Daher geht eine bessere Kinderbetreuungsinfrastruktur mit einer höheren Beschäftigungsquote einher. Ein umfassender Zugang zu Gesundheitsleistungen erhöht ebenfalls die Beschäftigungsquoten. Interessanterweise ergab sich nur ein kleiner, statistisch nicht signifikanter Zusammenhang zwischen Beschäftigungsquoten und sozialen Transferleistungen – gemessen am Verhältnis der Kosten für ukrainische Geflüchtete pro Kopf zum Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Während häufig vermutet wird, dass die Transferleistungen eine zentrale Rolle für die Beschäftigung spielen, wird diese Hypothese in unserer Analyse nicht bestätigt. Bedeutsam sind jedoch soziale Netzwerke: Länder mit einem höheren Anteil ukrainischer Staatsangehöriger an der Bevölkerung weisen höhere Beschäftigungsquoten auf.
Der Forschungsbericht setzt sich aber auch mit den unterschiedlichen Integrationspolitiken europäischer Staaten auseinander. Diese lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen, je nach dem Fokus auf Schnelligkeit versus Nachhaltigkeit der Arbeitsmarktintegration: "Arbeit zuerst"- oder "Sprache zuerst"-Ansätze.
Ein Vergleich zwischen den nordischen Ländern und Deutschland zeigt, dass Ansätze wie „Arbeit zuerst“ in Dänemark zwar kurzfristig eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen, langfristig jedoch nicht notwendigerweise zu höheren Beschäftigungsquoten oder Einkommen führen. So deuten frühere Studien darauf hin, dass diese Strategien, die seit 2016 in Dänemark umgesetzt werden, anfängliche Vorteile bieten, diese aber nicht nachhaltig sind und langfristig zu niedrigeren Einkommen führen können. Der „Arbeit zuerst“-Ansatz fördert zwar unmittelbare Eigeninitiativen, resultiert jedoch häufig in prekären Beschäftigungen mit weniger Arbeitsstunden und befristeten Arbeitsverhältnissen, die oft unterhalb der Qualifikationen der Geflüchteten liegen. Neben der ineffizienten Nutzung des Humankapitals ist ein weiterer Nachteil dieses Ansatzes die mögliche Beeinträchtigung des Spracherwerbs, die langfristige integrationspolitische Ziele gefährden kann.
Die empirische Forschung weist darauf hin, dass in den Ländern, die den „Sprache-zuerst“-Integrationsansatz anwenden, die Beschäftigungsquoten mit der Aufenthaltsdauer kontinuierlich steigen und diejenigen der Länder, die den „Arbeit-zuerst“-Ansatz verfolgen, noch vor Ablauf von zehn Jahren erreichen oder sogar übertreffen.
Wie stark der Zielkonflikt von kurzfristigen Integrationserfolgen in geringqualifizierte und instabile Jobs versus Investitionen in Bildung und Sprache, die robustere und stabilere Arbeitsmarktverläufe schaffen, im Fall der ukrainischen Geflüchteten ist, hängt entscheidend von deren langfristigen Bleibeabsichten ab. Erfahrungen aus der Vergangenheit und Ergebnisse einer aktuellen Befragung zeigen, dass Personen, die die Sprache eines Landes sprechen und entsprechend ihrer Qualifikation beschäftigt sind, auch langfristig in den Zielländern bleiben möchten. Das bedeutet nicht zuletzt, dass der integrationspolitische Ansatz die langfristigen Bleibeperspektiven der Geflüchteten beeinflusst.
Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter: Eine internationale Perspektive, IAB-Forschungsbericht 16/2024